20. Österreichische
Staatsmeisterschaft Dreiband der Damen von 19. - 22. März 2015 im BSK Augarten
Die Fachzeitung
"Billard" berichtete
(Nr. 273, Originaltext):
Ingrid Englbrecht holt
sich den
10. Staatsmeistertitel!
Das Turnier hatte so einige Aufregungen zu bieten, und die begannen
schon vor den ersten Spielen. Eigentlich hätte es ein vorgelagertes
Qualifikationsturnier geben sollen, im BC Elite, das aber wegen eines
Trainings mit Blomdahl kurzfristig abgesagt und leider in keinen anderen
Klub verlegt wurde. Daraufhin wurden alle Spielerinnen als
teilnahmeberechtigt an der Staatsmeisterschaft erklärt. Das traf nicht
nur beim Ausrichter auf wenig Verständnis. Am ersten Turniertag erschien
eine Kollegin entspannt in Zivilkleidung, sie hatte es nicht gewusst,
dass sie bereits am ersten Tag zu spielen hat. Ihr konnte vor Ort mit
entsprechenden textilen Utensilien geholfen werden. Eine andere
Spielerin kam verspätet, weil sie zuerst einen anderen Klub angesteuert
hatte. Und wenn dann einmal der Wurm drinnen ist, dann geht es auch so
weiter, wie sich bald zeigen sollte.
In beiden Gruppen hatte man in der Anfangsphase den Eindruck, dass sich
nicht alle Teilnehmerinnen wirklich konsequent auf das für sie
wichtigste Turnier im Jahr vorbereitet hatten. Vielleicht aber ist so
manche schwächere Leistung auch der verständlichen Turniernervosität
geschuldet. Die beiden letzten Spiele in Gruppe A hatten es in sich. Bis
zu diesem Zeitpunkt wirkte Mitterböck unangreifbar, sie war vorerst die
klar stärkste Spielerin im Turnier. Längst als Gruppensiegerin
feststehend, kam das Spiel gegen Steinberger und plötzlich ging gar
nichts mehr. Das allein wäre noch nicht tragisch gewesen, ein
Ausrutscher halt, hätte parallel dazu nicht Matulla gegen Kaiser
verloren. Damit schaffte Steinberger noch Rang 2 hinter Mitterböck und
nahm diesen Sieg und diesen guten Durchschnitt mit ins Play-off.
Mitterböck aber, die wie gesagt beste Spielerin bis zu diesem Zeitpunkt,
hatte die schlechteste Ausgangsposition aller vier Spielerinnen, die nun
um Medaillen und Platzierungen spielen würden.
In Gruppe B passierte auch so einiges. Zuerst musste Grabner nach nur
einem Spiel aus gesundheitlichen Gründen passen, sie gab auf. Diese
Partie wurde gestrichen, es handelte sich nun also um eine Vierergruppe
bzw. sechs Partien insgesamt. Dann fühlte sich Mölzer durch dümmliche
Bemerkungen eines Schiris noch vor ihrem zweiten Spiel so verunsichert,
dass sie nach der neuerlich unbefriedigenden Leistung die Nerven schmiss
und das Turnier abbrach. Dadurch kam wiederum Scholze um ihr drittes
Spiel und vor allem war ihr die Chance genommen, das Play-off zu
erreichen. Bei einem Sieg gegen Mölzer hätte sie 21 Punkte erreichen
müssen, was beides natürlich möglich gewesen wäre. So erhielt sie zwei
Punkte kampflos zugesprochen und hatte überhaupt nichts davon.
Englbrecht holte sich den entscheidenden Sieg gegen Al-Mamar und nahm
dieses Spiel in die Entscheidungsphase mit, ihre Ausgangslage war die
beste der vier Damen. Zufrieden wird sie bis dahin dennoch nicht gewesen
sein, vielleicht ließ ein grippaler Infekt (noch) nicht mehr zu.
Die Spiele des Play-off:
Die beiden bereits in der Gruppenphase ausgetragenen Spiele (A1 - A2 und
B1 - B2) waren zu den ersten relevanten geworden und waren für Helga
Mitterböck bitter; ausgerechnet diese Partie musste sie mitnehmen, die
ihr als eigentlich klar stärkste Spielerin bisher die mit Abstand
schlechteste Ausgangslage für die Medaillenentscheidung bescherte. Für
Englbrecht verbesserte sich die Situation weiter, denn im Fernduell mit
Mitterböck wuchs ihr Vorsprung auf 10 Points an. Sie hätte sich damit im
letzten Spiel gegen ihre ewige Rivalin sogar eine Niederlage mit 9
Points Differenz leisten können.
Al-Mamar sicherte sich im Nachstoß mit zwei Points noch den knappen Sieg
gegen Steinberger, aber der Sprung aufs Podium misslang deutlich, sie
hätte um 7 Points mehr benötigt. Damit waren die Plätze 3 und 4
zugeordnet, jetzt ging es noch um 1 und 2. Nach 27 Aufnahmen war auch
das geklärt, Englbrecht hatte ihren 16. Punkt ins Ziel gebracht und war
damit nicht mehr von Platz 1 zu verdrängen. Dann war bei ihr vorerst die
Luft draußen, bis zur 44. Aufnahme traf sie ganze zweimal und sah sich
mit einem Rückstand von 18 zu 23 konfrontiert. In den beiden nächsten
Aufnahmen gelangen Englbrecht zuerst drei und dann vier Punkte, sie war
am Ziel und gewann das Spiel letzten Endes ganz knapp. Das war ein Glück
fürs Turnier, denn das System mit dem Play-off hatten alle Spielerinnen
kritisiert, und mit Englbrecht hat die Spielerin gewonnen, die nicht nur
die knapp beste Ausgangslage ins Play-off mitgenommen hatte, sondern die
auch die beiden entscheidenden Partien für sich verbuchen konnte. Beim
System mit Kreuzspielen ist das zwingend so: nur wer beide Spiele
gewinnt, ist am Ende ganz vorne.
Endstand Oberes Playoff: |
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1. Englbrecht Ingrid |
06 – 00 |
66 |
146 |
0,452 |
0,543 |
4 |
2. Mitterböck Helga |
02 – 04 |
55 |
146 |
0,376 |
0,360 |
3 |
3. Steinberger Monika |
02 – 04 |
56 |
150 |
0,373 |
0,420 |
3 |
4. Al-Mamar Natascha |
02 – 04 |
50 |
150 |
0,333 |
0,400 |
4 |
Nur diese kleine Tabelle ist
ausschlaggebend für die Vergabe der Plätze 1 bis 4. Will man es genau
wissen, wie die Gesamtleistung aller Spielerinnen in diesem Turnier
gewesen ist, dann muss man eine weitere Tabelle, den Endstand,
erstellen. Der kann aber vom Ausgang des Play-off und der hier
getroffenen Medaillenvergabe abweichen. Ich halte das für eine Schwäche
des Systems.
Gesamtergebnis nach Punkten und Aufnahmen: |
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1. Englbrecht Ingrid |
08 – 02 |
105 |
246 |
0,426 |
0,543 |
4 |
2. Mitterböck Helga |
08 – 04 |
130 |
280 |
0,464 |
0,581 |
4 |
3. Steinberger Monika |
04 – 08 |
107 |
300 |
0,356 |
0,420 |
4 |
4. Al-Mamar Natascha |
06 – 04 |
82 |
250 |
0,328 |
0,400 |
4 |
5. Matulla Bettina |
04 – 04 |
67 |
193 |
0,347 |
0,400 |
3 |
6. Kaiser Alexandra |
04 – 04 |
66 |
193 |
0,341 |
0,440 |
5 |
7. Scholze Petra |
04 – 02 |
29 |
100 |
0,290 |
0,300 |
3 |
8. Stojicevic Daniela |
02 – 06 |
43 |
198 |
0,217 |
0,300 |
3 |
9. Mölzer Samira |
00 – 06 |
20 |
100 |
0,200 |
--- |
2 |
Turnierdurchschnitt: 722 :
2060 = 0,348
Eine letzte kleinere
Aufregung gab es dann bei der Erstellung des Endklassements. Konkret
ging es um die Ränge von Platz 6 abwärts. Üblicherweise vergleicht man
dabei die Drittplatzierten nach Partiepunkten und GD und ordnet die
Plätze 5 und 6 nach diesen Kriterien zu. Analog dazu vergleicht man die
Viertplatzierten usw. Das funktioniert aber dann nicht mehr, wenn die
Gruppen eine ungleiche Anzahl von Spielerinnen aufweisen. Da es in der
Sportordnung keine Hinweise gibt, musste das die Turnierleiterin, also
die frischgebackene Staatsmeisterin, gütlich regeln. Ingrid Englbrecht
blieb auch in dieser Situation souverän, erstellte eine Reihung wie oben
dargestellt, also nach PP vor GD und unabhängig von der
Gruppenplatzierung, und versah sie mit dem Vermerk "mit Vorbehalt". Das
ist vernünftig und könnte so in eine verfeinerte Turnierordnung
eingehen, die diesen Bedarfsfall auch zu regeln hat. Dann erst trat das
Turnier in seine gesellschaftliche und entspannte Phase ein. Ingrid
hatte sich das wirklich verdient. Einen Tag nach ihrem Wiegenfest hatte
sie sich selbst mit dem Jubiläumssieg sportlich perfekt beschenkt – die
Redaktion gratuliert zu beiden Anlässen herzlichst! Peter Stöger
Bild rechts: v.l.n.r.
Monika Steinberger, Ingrid Englbrecht und Helga Mitterböck
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