17. Österreichische Staatsmeisterschaft Freie Partie der Damen von 14. bis 16. Februar 2003 in Graz Raaba

Die Fachzeitschrift "billard" berichtete (Nr. 153, Originaltext):

16 Turniere lang stellte sich die Frage nach den Plätzen 2 und 3, denn der Platz an der Sonne war stets für Ingrid Englbrecht reserviert. Bis zur letzten Meisterschaft hatte man überhaupt den Eindruck, sie könnte einfach keine Partie verlieren, ehe ihr Heike Hingerl in Linz eine sensationelle Niederlage zufügte. Heuer verzichtete unsere Europameisterin auf einen Start, womit natürlich eine völlig neue Situation gegeben war. Für die sieben Teilnehmerinnen ging es nicht nur um gute Platzierungen, erstmals ging es um Gold!
Die Favoritinnen waren Heike Hingerl, nicht nur wegen ihres Sieges im Vorjahr gegen Ingrid die Große, und Helga Mitterböck; beide Damen haben sich auch bei Europameisterschaften bereits bewährt und ihr Können unter Beweis gestellt. Dennoch war die Situation bei dieser Staatsmeisterschaft eine völlig andere, denn bei einer Europameisterschaft erwartete niemand von ihnen Spitzenplatzierungen, sie konnten hier bei aller Anspannung eigentlich unbeschwert spielen. Für zusätzliche Spannung sorgten die vorgegebenen Spieldistanzen: alle sieben Teilnehmerinnen waren mit großer Ecke und Aufstellzwang konfrontiert, für Hingerl und Mitterböck betrug die Spieldistanz 125 Points bzw. 35 Aufnahmenlimit, die anderen Damen mussten sich mit 50 Points bzw. 35 HAZ bescheiden. Die Angst saß ihnen dabei im Nacken, das war nicht zu übersehen, was in vielen Fällen ein betont offenes Spiel zur Folge hatte.
Hingerl schien zunächst mit allen Fährnissen am besten zu Rande zu kommen, nach vier Spielen und ebenso vielen Siegen sah sie bereits wie die neue Staatsmeisterin aus. Mitterböck, die heuer im Dreiband so glänzend gespielt hatte, wirkte untrainiert, sogar etwas lustlos, hatte zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Niederlagen kassiert und war schon aus dem Titelrennen. Anders dagegen Christa Hammer, die ihre Auftaktniederlage gegen Mitterböck gut verkraftet hatte und in weiterer Folge solide punkten konnte, ohne dabei zu glänzen. Nach vier Spielen hatte sie sechs Punkte gesammelt und befand sich damit auf Medaillenkurs. In der vorletzten Runde trafen dann Hingerl und Hammer aufeinander, wobei die Grazerin regelrecht in ein schwarzes Loch fiel. Sie bot nicht nur ihre schwächste Leistung im Turnier überhaupt, sie verlor auch um 2 Punkte, der bereits eingekühlte Sekt konnte noch nicht geöffnet werden. Jetzt war wieder alles möglich, Hingerl und Hammer waren nun punktegleich an der Spitze des Zwischenklassements, hatten aber beide in der letzten Runde schwere Aufgaben zu bewältigen. Hingerl musste gegen Mitterböck antreten, und Christa Hammer gegen ihre Klubkollegin Brigitte Studnicka, die so etwas wie ihre Angstgegnerin ist. Noch immer aber war Hingerl die erste Anwärterin auf den Titel, was für Hammer doch ein gewisser Vorteil gewesen sein mag, denn eine Medaille war bereits gesichert, während Hingerl Gefahr lief, das zum Greifen nahe Gold in letzter Sekunde zu verlieren. So kam es dann auch, zur großen Enttäuschung der Grazer Gastgeber. Mitterböck spielte gegen Hingerl ihre beste Partie im Turnier, fügte der Grazerin damit die zweite Niederlage in Folge zu, während Hammer ihrerseits sogar Turnierbestleistung spielte und damit den Titel holte!
Christa Hammer ist wie Ingrid Englbrecht und Elisabeth Grabner sozusagen eine Dame der ersten Stunde, diese drei Spielerinnen waren die ersten Teilnehmerinnen an einer offiziellen Meisterschaft. Sie ist dem Billardsport mit großer Liebe zugetan und versteht es, ihr Spiel zu verbessern, was bei einer Mutter dreier Kinder, die zudem einen anspruchsvollen Beruf ausübt, wohl den allergrößten Respekt verdient. Heike Hingerl war auch in der Niederlage die sympathische Sportlerin, als die wir sie kennen und schätzen gelernt haben, auch ihre Stunde wird kommen, daran besteht überhaupt kein Zweifel. Rang 3 ging an Sonja Schmidradler, eine talentierte Spielerin, deren großes berufliches Engagement zumindest vorläufig stärkere Leistungen verhindert. Ihr Potential würde viel mehr erlauben. Alle anderen Mitwirkenden blieben im Rahmen ihrer Möglichkeiten, abgesehen natürlich von Helga Mitterböck, die als seriöse Titelanwärterin ins Rennen gegangen war. Ihr bleibt als Trost der Titel im Dreiband, hier scheint sie eher ihre sportliche Zukunft zu sehen.      Peter Stöger
Bild: Christa Hammer (links) und Sonja Schmidradler

1. Christa Hammer 10 – 02 332 169 1,964 3,57 20
2. Heike Hingerl 08 – 04 488 210 2,323 3,28 20
3. Sonja Schmidradler 08 – 04 331 174 1,902 2,50 17
4. Helga Mitterböck 06 – 06 431 210 2,052 3,05 20
5. Monika Steinberger 06 – 06 308 191 1,612 1,77 15
6. Brigitte Studnicka 04 – 08 266 174 1,528 2,34 13
7. Petra Scholze 00 – 12 239 188 1,271 --- 13
     

 

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