5. Weltmeisterschaft Dreiband
der Damen von 24. - 26. Oktober 2014 in Sinop (Türkei) |
Die
Fachzeitschrift "billard" (Nr. 270, Originaltext) berichtete:
Als der
griechische Billardenthusiast Athanasios, ein internationaler
Geschäftsmann, so vor zwei, drei Jahren auftauchte, wurde er gefeiert
wie ein Heilsbringer. Weltcupturniere auf Jahre hinaus wurden avisiert,
eine Junioren-WM, eine Damen-WM usw. Längst ist das alles aber wieder
Vergangenheit. Ein Weltcupturnier hat es gegeben, auch eine Junioren-WM
und dazu eine schöne Serie nationaler Grand Prix, und das war es
gewesen. Als der Weltverband kurzfristig ein Weltcupturnier im
ägyptischen Luxor ins Programm nahm, zeitnah zum damals bereits
fixierten Termin des griechischen Turniers 2014, protestierte Athanasios
und zog sich sofort aus dem Billardgeschäft zurück. Damit hing vor allem
die Damenweltmeisterschaft in der Luft, sie war von Absage bedroht. In
dieser Situation sprang kurzfristig der türkische Verband ein und bot
mit Sinop einen Ersatzort an.
Kaum jemand wird so froh darüber gewesen sein wie Therese Klompenhouwer.
Die Niederländerin, die beste Dreibandspielerin der Welt, jagt nämlich
immer noch ihrem ersten WM-Titel hinterher. Dreimal hatte sich Orie Hida
als zu stark erwiesen und die letzte WM, in Japan, hatte für
Klompenhouwer mit einer großen Enttäuschung geendet, als sie als
Titelfavoritin bereits im Viertel-finale scheiterte und zusehen musste,
wie am Ende vier Japanerinnen das Podium besetzten und die WM zu einer
nationalen Meisterschaft mit internationaler Ausschmückung machten.
Gruppe A:
Die japanische Titelverteidigerin hatte zwar einen blendenden Start,
baute dann aber ab. Immerhin, es reichte zum Gewinn der Gruppe vor der
punktegleichen Koreanerin Lee Shin Young. Die hatte recht verhalten
begonnen und drehte erst im letzten Spiel so richtig auf.
Gülsen Degener landete auf dem für sie enttäuschenden dritten
Gruppenplatz. Eine Klassepartie, gegen die überfordert wirkende Dänin
Mortensen, reichte nicht, um nach 2006 und 2008 (jeweils Bronze) wieder
um eine Medaille spielen zu können. Vielleicht ist Degener an ihrer
eigenen Erwartungshaltung und die der Fans gescheitert.
Gruppe B:
Klompenhouwer zog wie erwartet einsam ihre Kreise an der Spitze dieser
Gruppe. Niemand konnte sie gefährden, auch nicht ihre relativ stärkste
Gegnerin, die Japanerin Nishimoto. Dahinter, wieder deutlich abgestuft,
landeten Jensen (DK) und die türkische Debütantin Gok auf den Plätzen.
Gruppe C:
Nach zwei Runden war die starke Niederländerin Karina Jetten vom ersten
Platz nicht mehr zu verdrängen. Cardoso war bereits draußen, und
Mitterböck bzw. Karakasil trafen im letzten Gruppenspiel aufeinander.
Hier ging es um den Aufstieg als Gruppenzweite, mit leichten Vorteilen
für die Türkin, der bereits ein Remis gereicht hätte. Mitterböck ließ es
nicht dazu kommen und brachte nach guter Leistung zwei Points Vorsprung
ins Ziel; die Qualifikation fürs Viertelfinale war geschafft.
Gruppe D:
Orie Hida war wie erwartet absolut ungefährdet, sie sicherte sich
überlegen den ersten Gruppenplatz. Auch die erfahrene Belgierin le
Bruijn erreichte die nächste Turnierphase, sie war damit ebenfalls im
Kampf um die Medaillen dabei. Mit Aysegül Fendi schied die letzte der
vier Türkinnen in der Gruppenphase aus, hat aber eine respektable
Leistung gezeigt, die ungefähr der einer Helga Mitterböck entspricht.
Die französische Meisterin Christine Morel konnte sich nicht in Szene
setzen, die ansprechendste Leistung zeigte sie bei der relativ knappen
Niederlage gegen le Bruijn.
Viertelfinale:
Die spannendste Partie war jene der Weltmeisterin gegen die belgische
Serienmeisterin. Le Bruijn lag mit 9 zu 18 ganz gefährlich im Rückstand,
kämpfte aber beherzt weiter. Bei 21 zu 24 gelang ihr tatsächlich der
finale Angriff, mit einer Serie von 4 warf sie die Titelverteidigerin
aus dem Bewerb. Die war natürlich bitter enttäuscht, sah ihre
schwankende Form aber auch als Folge von zu geringer Wettkampfpraxis
seit ihrem überraschenden Titelgewinn vor zwei Jahren. Für sie sprang
Landsfrau Nishimoto in die Bresche. Die Silbermedaillengewinnerin von
Tokyo spielte Karina Jetten fast an die Wand und sicherte damit einen
weiteren Medaillengewinn für Japan ab. Der Höhepunkt des Viertelfinales
war das Spiel von Hida gegen die Koreanerin Lee Shin Young. Es wurde zum
besten Spiel aller Weltmeisterschaften bisher. Hida schied wie in Tokyo
erneut im Viertelfinale aus, kann sich aber wirklich keinen Vorwurf
machen. Das muss auch Mitterböck nicht, sie zeigte im Finale eine ihr
angemessene Leistung, mit der man eine Klompenhouwer natürlich zu keiner
Zeit in Verlegenheit bringen kann. Der 8. Rang bestätigt ihre Leistungen
bei den Weltmeisterschaften 2006 und 2008.
Halbfinale und Finale:
Nishimoto erreichte wie vor zwei Jahren das Endspiel, und ihre Leistung
war so gut, dass man ihr auch im Finale realistische Außenseiterchancen
einräumen musste. Le Bruijn wiederum deutete nach dem Turnier an, ihre
internationale Laufbahn eventuell zu beenden. Es wäre schade, würde die
sympathische 57-jährige die Szene verlassen, aber der Zeitpunkt nach dem
Gewinn einer WM-Medaille wäre kein schlechter. Klompenhouwer holte ihre
koreanische Gegnerin nach deren Glanzleistung wieder auf den Boden der
Tatsachen zurück und ähnlich souverän war sie dann auch im Endspiel. Nur
einmal konnte Nishimoto den raschen Rückstand ein wenig verkürzen, ehe
die Niederländerin wieder erfolgreich Druck aufbaute. Dem Finale fehlte
damit ein wenig an Spannung, zu klar war die Dominanz der besten
Spielerin der Gegenwart, die sich endlich Weltmeisterin nennen darf.
Neben dem neuen Turnierrekord (alt: 0,581 aus 2012) sorgte die neue
Weltmeisterin auch für eine neue Bestleistung im Generaldurchschnitt.
Gleichzeitig ist sie die erste Spielerin, die im Rahmen einer
Weltmeisterschaft über 1 spielte. Der alte Rekord stand auf 0,947 und
wurde von Orie Hida 2008 erzielt. Eine weitere WM-Bestleistung steuerte
die Koreanerin Lee Shin Young mit 1,562 BED bei. Klompenhouwer hat ihr
größtes Ziel endlich erreicht, der Druck, die beste Spielerin der Welt
zu sein und diesen Titel nicht gewinnen zu können, ist vorerst weg.
Vielleicht wird sie jetzt erstmals ihre Silbermedaille der WM 2006 ohne
Widerwillen betrachten können und auch die 5 Goldmedaillen bei
Europameisterschaften fühlen sich nicht mehr so einsam. Ihre Position
scheint auf Jahre unangreifbar zu sein. Sie ist die einzige Spielerin,
die Billard professionell betreibt, bezieht staatliche Förderung und
steht damit natürlich unter Leistungsdruck. Sie muss Ergebnisse liefern,
um ihren Förderstatus zu dokumentieren und zu halten. Ein
Sicherheitsnetz gibt es immerhin, ihre Eltern besitzen ein Billardcafé.
Sportlich hat sie sich alles selber erarbeitet, Förderungen hin oder
her. Sie ist die erste Frau, die den Hauptbewerb eines Weltcupturniers
erreichen konnte und qualifiziert sich regelmäßig für die nationale
Meisterschaft in der allgemeinen Klasse. Es hilft ihr dabei überhaupt
nichts, ein Mädel zu sein, da heißt es einfach die nötigen
Wertungspunkte bei den Elite Grand Prix zu sammeln, denn ihre männlichen
Kontrahenten haben, wie Österreichs Sparmeister Niki Lauda, nichts zu
verschenken.
Hoffentlich wird die nächste WM der Damen nicht wieder eine Zitterpartie
und findet auf Anhieb einen stabilen Ausrichter, denn die Konfrontation
mit den besten Spielerinnen aus Asien sorgt für eine gewisse Spannung,
die den Europameisterschaften fehlt. Peter Stöger
Bild ganz oben: Therese Klompenhouwer,
Bild darunter: die alte (Natsumi Higashiuchi, rechts) und die neue
Weltmeisterin
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Spiele |
MP |
Points |
Aufn. |
GD |
BED |
HS |
1.
Therese Klompenhouwer (Niederlande) |
6 |
12 |
150 |
136 |
1,102 |
1,388 |
7 |
2.
Yuko Nishimoto (Japan) |
6 |
8 |
132 |
180 |
0,733 |
1,136 |
6 |
3.
Lee Shin Young (Korea) |
5 |
7 |
109 |
165 |
0,66 |
1,562 |
6 |
3.
Danielle le Bruijn (Belgien) |
5 |
6 |
106 |
175 |
0,605 |
0,675 |
5 |
5.
Orie Hida (Japan) |
4 |
6 |
96 |
102 |
0,941 |
1,086 |
6 |
6.
Karina Jetten (Niederlande) |
4 |
6 |
91 |
123 |
0,739 |
0,781 |
5 |
7.
Natsumi Higashiuchi (Japan) |
4 |
5 |
99 |
147 |
0,673 |
1,136 |
6 |
8.
Helga Mitterböck (Österreich) |
4 |
4 |
69 |
146 |
0,472 |
0,543 |
4 |
9.
Guzin Karakasil (Türkei) |
3 |
2 |
62 |
107 |
0,579 |
0,862 |
6 |
10.
Gülsen Degener (Türkei) |
3 |
2 |
66 |
123 |
0,536 |
1,136 |
5 |
11.
Aysegül Fendi (Türkei) |
3 |
2 |
50 |
105 |
0,476 |
0,609 |
4 |
12.
Jeanette Jensen (Dänemark) |
3 |
2 |
51 |
108 |
0,472 |
0,49 |
4 |
13.
Marianne Mortensen (Dänemark) |
3 |
0 |
28 |
64 |
0,437 |
--- |
4 |
14.
Estela Cardoso (Spanien) |
3 |
0 |
46 |
110 |
0,418 |
--- |
5 |
15.
Christine Morel (Frankreich) |
3 |
0 |
42 |
113 |
0,371 |
--- |
3 |
16.
Arzu Gok (Türkei) |
3 |
0 |
35 |
112 |
0,312 |
--- |
3 |
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