5. Europameisterschaft Dreiband der Damen von 12. bis 14. April 2013 in Brandenburg / Havel (Deutschland)

Die Fachzeitschrift "billard" (Nr. 255, Originaltext) berichtete:

Bis jetzt hat Therese Klompenhouwer noch alle Europameisterschaften für sich entscheiden können, und alles andere als ein weiterer voller Erfolg der mit Abstand besten Dreibandspielerin Europas wäre auch diesmal eine Sensation ersten Ranges gewesen; es ist auch nicht dazu gekommen. Österreich wurde durch Natascha Al-Mamar, Ingrid Englbrecht und Helga Mitterböck vertreten. Mitterböck, Dritte der letzten EM und Teilnehmerin an der Weltmeisterschaft in Japan, hatte eine sehr schwere Auslosung erwischt, die eine Wiederholung des Erfolgs von 2011 fraglich erscheinen ließ.

Gruppe A:
Nach der starken Vorstellung der Dänin Marianne Mortensen gegen Helga waren die Viertelfinalchancen der Österreicherin fast auf Null gesunken. Sie konnte zwar noch die Deutsche Micha-ela Esser schlagen, aber dann wartete Klompenhouwer, und die ging denkbar humorlos zur Sache, sie zeigte eine außergewöhnliche Partie, die beste des gesamten Turniers.

Gruppe B:
Es war die Gruppe der knappen Entscheidungen, unter dem Motto „der Einen Leid, der Anderen Freud“. Die Leidtragende war Monique van Hamond aus den Niederlanden, die zwei Niederlagen um jeweils einen Punkt einfing, die wesentlich Glücklichere Danielle Le Bruijn, die zweimal mit diesem Minivorsprung gewinnen konnte.
Die stärkste Spielerin war Steffi Träm, die sich im Dreiband deutlich verbessert hat, und trotz eines Sieges war Nathalie Dougnac ohne Chancen; die Franzosen sollten vielleicht doch ihre Damenturniere, so sie zu Europameisterschaften führen, auf dem Matchbillard organisieren.

Gruppe C:
Gülsen Degener hat die Welt informiert, dass sie nach der Rückkehr in die Türkei noch einmal so richtig durchstarten möchte – wir freuen uns. In der Gruppenphase gelang ihr das auch, das erste Opfer war unsere Natascha Al-Mamar, gegen die sie mit einer Schlussserie von 10 brillierte. Ganz konnte Degener das Niveau dieses Spiels nicht durchgängig halten, aber am souveränen Gruppensieg gab es nichts zu deuteln.
Natascha genügte im letzten Spiel eine einzige starke Leistung, um doch noch den rettenden zweiten Platz zu erreichen.

Gruppe D:
Ingrid hatte nicht die allerbeste Form mitgebracht, da haben wir in den letzten Monaten von ihr schon bessere Leistungen gesehen. Hinter der überlegenen Karina Jetten reichte es aber zum sicheren zweiten Platz, der sie ebenso wie Al-Mamar ins Viertelfinale führte. Zwei Österreicherinnen damit unter den Top 8, das ist ein gutes Ergebnis.

Viertelfinale:
Ingrid musste gegen Klompenhouwer ran und war ohne Chance. Mehr wäre vielleicht für Natascha möglich gewesen, aber Steffi Träm spielte weiterhin sehr stark und verwehrte auch der zweiten Österreicherin den Sprung aufs Treppchen.

Degener war souverän gegen Le Bruijn, und Jetten überstand die Zitterpartie gegen Mortensen gerade eben noch.

Halbfinale:
Im Halbfinale war sowohl für Degener als auch Träm das Ende der Reise gekommen, beide durften mit dem Erreichten aber sehr zufrieden sein.
Das Turnier hatte das programmierte Finale zwischen den beiden Niederländerinnen und bald auch das erwartete Ende. Thérése Klompenhouwer ist mehr als nur eine Klasse stärker als alle anderen Spielerinnen in Europa.
Eigentlich war es eine völlig unaufgeregte Europameisterschaft der Damen, mit drei von vier Medaillengewinnerinnen, die man unbedingt auf dem Podium erwartet hatte. Und dennoch standen gerade die Damenbewerbe ziemlich im Mittelpunkt der allgemeinen Diskussion. Auslöser war ein Mann namens Olaf Reiflin, der sich vor einigen Jahren in der Szene einen Namen machen konnte, als er den Damenbillardsport recht erfolgreich aus dem internationalen Schattendasein holte. Durch seine Initiativen kam es in verschiedenen Ländern zu Damenkonkurrenzen im Dreiband und in den Niederlanden brachte er in einer Liga ein Team an den Start, das ausschließlich von Damen gebildet wurde, darunter die japanische Weltmeisterin Orie Hida. Dann wurde es ruhig um Reiflin, und jetzt ist er plötzlich wieder da, mit vollmundigen Interviews in allen möglichen Medien. Es geht ihm, dem edlen Mann, um die Gleichbehandlung der Damen im Billardsport, sie sollten ebenfalls um Preisgeld spielen, im Sinn der Gleichbehandlung, und so etwas könnte man schließlich einklagen. Da war aber was los in Brandenburg! Es gab Darstellungen und Gegendarstellungen, und plötzlich rückte der Sport ins zweite Glied, und das ist schlecht.
Der Damenbillardsport wurde von internationaler Seite durchaus gefördert, daran gibt es keinen Zweifel. Ob jetzt ein paar Euro Preisgeld alle zwei Jahre bei zwei Dameneuropameisterschaften wirklich einen dramatischen Zuwachs an Spielerinnen bringen kann, muss doch stark bezweifelt werden. Das Gegenteil könnte der Fall sein, dann, wenn Organisatoren zwar ein gewisses Preisgeld anbieten, die Mehrzahl der Spielerinnen aber nicht mehr in Form von Fahrtkostenzuschüssen etc. unterstützt werden. Da ginge der Schuss in den Ofen.
Der Zeitpunkt dieser ganzen Aktion sorgte für Aufsehen, er erfüllt den Tatbestand des Anlassdenkens. Ein paar Tage Aufregung, und das wird es dann gewesen sein, bis vielleicht in zwei Jahren wieder diskutiert wird. In der Zwischenzeit gibt es allenfalls Einladungsturniere für die Mädels, wenn überhaupt. Der Damensport hat ganz andere Probleme, als vielleicht einmal 2.000,- Euro Preisgeld für die Siegerin im Dreiband alle zwei Jahre. Es scheint hier ein Fall von Profilierungsneurose vorzuliegen. Peter Stöger. Bild: v.l.n.r. Jetten, Klompenhouwer, Degener und Träm

  Spiele MP Points Aufn. GD BED HS
  1. Therese Klompenhouwer (Niederlande) 6 12 165 163 1,012 2,083 8
  2. Karina Jetten (Niederlande) 6 10 145 235 0,617 1,086 6
  3. Gulsen Degener (Türkei) 5 8 116 173 0,670 0,862 10*
  3. Steffi Träm (Deutschland) 5 6 118 211 0,559 0,694 5
  5. Marianne Mortensen (Dänemark) 4 4 96 153 0,627 0,714 5
  6. Danielle Le Bruijn (Belgien) 4 4 84 186 0,451 0,581 4
  7. Ingrid Englbrecht (Österreich) 4 4 61 150 0,406 0,543 3
  8. Natascha Al-Mamar (Österreich) 4 2 72 175 0,411 0,510 3
  9. Monique Van Hamond (Niederlande) 3 2 68 129 0,527 0,400 4
10. Jeanette Jensen (Dänemark) 3 2 63 146 0,431 0,420 3
11. Helga Mitterböck (Österreich) 3 2 41 96 0,427 0,460 2
12. Karolien Matthys (Belgien) 3 2 43 130 0,330 0,440 3
13. Nathalie Dougnac (Frankreich) 3 2 48 145 0,331 0,380 3
14. Céline Jacques (Frankreich) 3 2 45 139 0,323 0,240 3
15. Michaela Esser (Deutschland) 3 0 41 111 0,369 0,000 3
16. Susanne Stengel-Ponsing (Deutschland) 3 0 38 146 0,260 0,000 5
     

 

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