14. Europameisterschaft Freie Partie der Damen von 7. – 9.9.2007 in Schiffweiler (Deutschland) 

Die Fachzeitschrift "billard" (Nr. 197) berichtete:

1999 hatte erstmals eine Europameisterschaft der Damen ohne die Titelverteidigerin stattgefunden, da die beste Spielerin aller Zeiten, die Französin Magalie Declunder, nach ihrem 10. Titel in Folge in Wien ihren Rücktritt erklärt hatte. Den frei werdenden Platz nutzte Monique van Exter zum Titelgewinn, ehe 2002 die große Stunde für Ingrid Englbrecht schlug. Sie gewann 2002 in Wien ihren ersten Titel, den sie bei der darauffolgenden Europameisterschaft mit Erfolg und souverän verteidigte. Sie darf daher als beste Spielerin in der Nachfolge von Declunder bezeichnet werden, wobei die Leistungen der Französin wohl unerreicht bleiben werden, nicht nur die 10 Titel in Folge. Bei der ersten Europameisterschaft (1985) überhaupt gewann sie mit 4.46 Durchschnitt und steigerte sich bis 1988 auf 62.50, und das bei einer für sie lächerlichen Partiedistanz von 150. Sie konnte es aber noch viel besser, denn im Rahmen einer Meisterschaft in der allgemeinen Klasse, die bis dahin den Herren vorbehalten war, erzielte sie in Frankreich einen Durchschnitt von über 90! Für ihren Rücktritt waren private Gründe ausschlaggebend gewesen, bei Ingrid Englbrecht, die nun ebenfalls auf eine Titelverteidigung verzichtete, waren es sportliche; für sie ist die Freie Partie auf der Ebene der Dameneuropameisterschaften ausgereizt. Ihr Interesse gilt nun hauptsächlich dem Dreiband.
In Schiffweiler vertrat Christa Hammer den BSVÖ, wobei es für die zweifache Staatsmeisterin der erste internationale Auftritt war. Gespielt wurde in zwei unterschiedlich großen Gruppen, wobei die jeweils ersten Damen die Finalentscheidung erreichten. Diese traten dann jede gegen jede an, für alle aber gab es Medaillen, auch für die Dame auf Rang 4. Komplettiert wurden die finalen Entscheidungen durch die Spiele um die Plätze 5 und 7, die traditionell niemanden interessieren.

Qualifikationsgruppe A: Für Christa Hammer gab es zum Auftakt eine vermeidbare Niederlage gegen die junge deutsche Spielerin Steffi Träm, die dann aber in weiterer Folge für Furore sorgen sollte. Träm trat vor heimischem Publikum an, für Christa war es der wie gesagt erste internationale Auftritt, und so werden wohl beide Damen ein wenig mit einem Zitterhändchen gespielt haben. Im zweiten Spiel gab es für unsere Vertreterin die zu erwartende Niederlage gegen Monique van Exter, die Europameisterin von 2001. Nun aber war Christa im Turnier angekommen und zeigte mit 2.700 Durchschnitt eine solide Leistung. Noch besser ging es im 3. Spiel gegen die französische Meisterin Julie Martin; zwar gab es eine neuerliche Niederlage, die aber mit einem Durchschnitt von 4.625 für die unterlegene Spielerin so ausfiel, dass sie den Tisch erhobenen Hauptes und dem Gefühl, eine gute Leistung erbracht zu haben, verlassen konnte. Dann kam das vierte und letzte Gruppenspiel, eines jener Spiele, nach denen man sich ein Mausloch wünscht, in dem man auf Nimmerwiedersehen verschwinden kann. In 20 Aufnahmen gelangen ganze 12 Punkte und damit der Absturz im Durchschnitt. Das ist natürlich schade, denn Christa war drauf und dran, eine Leistung rund um die 3 zu bringen, und das wiederum wäre als schöner Erfolg zu werten gewesen. Einen soliden Anteil an der verkorksten letzten Partie hatte ihre Partnerin, die Tschechin Irena Michalkova, eine Dreibandspezialistin. Ihr Spezialistentum ist wohl so zu verstehen, dass sie mit der Freien Partie eigentlich nichts am Hut hat. Sie sprach das dann auch nach dem Turnier an, was aber auch überflüssig war, es hat ohnehin jeder gesehen. Der Sieg in dieser Gruppe ging an van Exter, sicher eine der großen Anwärterinnen auf Gold, vor Steffi Träm, die damit ihrer ersten Medaille sicher sein konnte. Der 3. Platz ging an Julie Martin, die durchaus über ein gepflegtes Spiel verfügt, aber wie alle Französinnen unter einem erheblichen Nachteil leidet: in ihrer Heimat werden die durchaus zahlreichen Damenturniere auf Halbmatchbillards ausgetragen, wodurch die Damen des FFB dann mit den größeren Dimensionen des Matchbillards so ihre liebe Not haben.

Qualifikationsgruppe B: In Gruppe B war mit Susi Stengel die zweite große Titelfavoritin am Werk. Man erwartete sie unter allen Umständen in der Entscheidungsrunde, was auch eintrat, aber mit unglaublich viel Zittern und durchaus auch Glück. Gleich die erste Partie ging mit 1.294 völlig in die Binsen, und der Druck, der ohnehin auf ihr lastete, wurde damit noch deutlich größer. Ihre Bezwingerin war die Belgierin Karolien Matthijs, die vor vielen Jahren an einem internationalen Einladungsturnier der Damen im BSK Augarten teilgenommen hat. Dann entschwand sie der Szene, um jetzt plötzlich wieder am Geschehen teilzunehmen. Im zweiten Spiel stand Stengel-Ponsing bereits mit dem Rücken zur Wand, jetzt musste unter allen Umständen ein Sieg her, ansonsten war der Traum von der ersten deutschen Goldmedaille der Damen ausgeträumt. Sie schaffte es auch gegen die Holländerin Christel Willemse, aber neuerlich war es mehr Kampf und Krampf als ein gelöster Vortrag. Im dritten Spiel ging es für die deutsche Hoffnungsträgerin erneut um die Wurst, sie musste gegen die bereits für die Finalrunde qualifizierte Französin Véronique Ales antreten. Stengel gewann mit 3.400 Durchschnitt und einem Vorsprung von 4 Points, mehr ist eigentlich nicht zu sagen. Sie hatte es aber geschafft, die Finalrunde begann bei 0, und eigentlich konnte es für sie nur besser werden.

Spiel um Platz 7: Christel Willemse und Karolien Matthijs verabschiedeten sich mit guten Leistungen vom Turnier, wobei vor allem die Belgierin bei etwas konstanteren Leistungen eine seriöse Medaillenchance gehabt hätte.

Finalspiele: Als hätte sie die Zitterspiele der Gruppenphase wie einen bösen Traum abgeschüttelt, startete nun Susi Stengel mit neuem Elan durch; sie bezwang van Exter in der wohl besten Partie des Turniers und schwenkte von 0 auf 100 Richtung Goldmedaille. Gleichzeitig feierte Steffi Träm einen tollen Sieg gegen Ales, womit die deutschen Damen Richtung Doppelerfolg unterwegs waren. In der zweiten Runde kam es dann zum deutsch-deutschen Duell, und plötzlich war die Verunsicherung bei Stengel-Ponsing wieder da. Sie unterlag nach schwacher Leistung einer keineswegs überwältigend spielenden Steffi Träm, womit für Stengel der Titel nur noch in einem Fall möglich war. Sie musste ihr letztes Spiel gegen Ales gewinnen und gleichzeitig auf ein Unentschieden zwischen Van Exter und Träm hoffen. Exter gewann in dieser Runde gegen Ales absolut überzeugend, sie konnte nun den Sieg aus eigener Kraft schaffen. So kam es auch, die Holländerin bezwang Träm, allerdings erst nach hartem Kampf. Das deutsche Billard Pin-up zeigte keinerlei Angst vor dem möglichen großen Erfolg und war dann auch mit der Silbermedaille absolut glücklich. Das trifft auch für die Französin Ales zu, die vor dem Turnier nicht unbedingt mit Bronze rechnen durfte. Susi Stengel-Ponsing wollte und konnte ihre Enttäuschung nicht verbergen, denn sie war doch auf Gold programmiert gewesen. Sobald aber der erste Frust überwunden ist, sollte sie doch mit dieser Medaille leben können, denn die Gesamtleistung hat diesmal nicht mehr zugelassen; immerhin haben vier der neun Teilnehmerinnen einen besseren Durchschnitt als sie und der von van Exter ist im Ver-gleich einfach überragend. Peter Stöger. Bild: v.l.n.r.: Steffi Träm, Monique van Exter, Susanne Stengel-Ponsing und Véronique Ales

1. Monique van Exter (NL) 12 – 02 938 103 9,106 25,000 64
2. Steffi Träm (D) 10 – 04 642 117 5,487 10,000 58
3. Susanne Stengel-Ponsing (D) 08 – 04 468 107 4,373 15,000 62
4. Veronique Ales (F) 04 – 08 377 108 3,490 4,850 27
5. Karolien Matthijs (B) 04 – 04 405 77 5,259 8,823 72
6. Julie Martin (F) 04 – 06 418 92 4,543 9,375 57
7. Christel Willemse (NL) 04 – 04 363 80 4,537 7,200 36
8. Irena Michalkova (Cz) 02 – 08 254 94 2,702 2,550 22
9. Christa Hammer (A) 00 – 08 168 76 2,210 --- 19
     

 

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